(Hinweis: Dieser Beitrag enthält unbezahlte Werbung für Coco Malou.)
Fast nackt unter fremden Menschen – so könnte die Zusammenfassung eines Albtraums lauten, aber für mich war diese Situation ein wahr gewordener Traum. Denn vor ein paar Wochen hatte ich mein erstes Unterwäsche-Shooting mit der nachhaltigen, fair produzierten Marke Coco Malou – ich sage bewusst erstes, denn ich freue mich sehr, falls noch welche folgen sollten. Aber der Reihe nach: Corinna, die Gründerin von Coco Malou hatte ich im Januar in Berlin auf einer Party der Fashionchangers getroffen. Obwohl sie einen wunderschönen, erfolgreichen Blog hat (Kissen und Karma), lernte ich Corinna an diesem Abend erst kennen und fand ihre aufgeschlossene, fröhliche Art auf Anhieb total sympathisch. Dieses Video entstand an dem Abend, ich und Corinna im Vordergrund:
Und wie die modernen Kooperationsgeschichten heute so geschrieben werden: Ich folgte ihr, sie folgte mir, bekam mit, dass ich viel im Bereich Körperakzeptanz mache und kam im Frühjahr mit folgender Nachricht auf mich zu: „Du, sag mal, off topic: Könntest du dir eigentlich mal vorstellen, für Coco Malou zu modeln? Ich suche gerade nach etwas mehr Diversity und finde es toll, wie positiv und offen du die Selflove vorlebst.“ Mein Freude darüber war RIESIG und meine erste Reaktion „Ja aber na klar!“ – Da hatte ich mal wieder vergessen, dass trotz eindeutigem Ja trotzdem viel Aufregung herrschen kann, wenn es soweit ist. 😉 Einen Termin mit allen Beteiligten (Fotograf, Make-Up, anderes Model, Requisite, Corinna..) zu finden, gestaltete sich als kleine Herausforderung, aber im Juli war es dann soweit: Das Shooting in Stuttgart stand vor der Tür.
Bammel am Shootingtag
Not gonna lie, egal wie viel „Ja!“ meine erste Entscheidung beinhaltete, von innen kommendes, total überzeugtes „JA“ zu der ganzen Sache: Die Woche vor dem Shooting wurde ich zunehmend nervöser. Als es dann endlich soweit war, fuhr ich mit meinem pochendem Herzen im Gepäck im Zug nach Stuttgart und wanderte den Berg hinauf zu dem schönen, großen Backsteingebäude, dem Social Impact Lab, in dem Corinnas Büro sitzt. Vorher hatte Corinna mich instruiert, nichts Einschneidendes zu tragen, schließlich sollten die Fotos nicht groß retouchiert werden und ein Strumpfhosenabdruck am Bauch macht sich nicht gut, ich war also bestens vorbereitet schon mal ohne BH unterwegs – diesmal nicht aus Protest oder Bequemlichkeitsgründen, sondern weil ich Model bin (kleiner Scherz, ich schreib das einfach zu gerne, weil es sich absurd anfühlt).
Im Büro angekommen, begrüßte Corinna mich herzlich und meine Nervosität lies so langsam nach, als ich sah, wie nett alle Anwesenden waren, eh klar, denn nette Menschen versammeln immer andere nette Menschen um sich, quasi ein Naturgesetz. Nachdem ich das Fotostudio mit der schönen, altmodischen Couch als Requisite bestaunt hatte, durfte ich mich erstmal gemütlich in einen Bürostuhl setzen, wurde vom Ventilator bepustet und bekam von der Stylistin Judith eine Gesichtsmaske aufgelegt. What a life!
Nach dem Make-Up ging es los und ich durfte mich offiziell aus- und umziehen – ganz unglamourös im Klo, aber so ist das bei kleinen Startups und ich als Campingfan bin ja total unkompliziert, fand’s abenteuerlich und hatte Spaß. Gewandet in einen Kimono, den Corinna für den Weg vom Klo durch den Flur zum Shooting bereitstellte, stand ich also zum ersten Mal zwischen lauter fremden Menschen halb nackt im Scheinwerferlicht. Zuvor auf der Toilette hatte ich noch in den Spiegel gesehen und mir war leicht mulmig geworden. Was, wenn Corinna enttäuscht ist, wenn sie mich sieht? Was, wenn denen jetzt auffällt, WIE viel Cellulite ich am Hintern hab und sich alle denken, oh my, was tut die hier? Das Gute war: Im Fotostudio war kein Spiegel und damit weniger Platz für meine aufploppenden Selbstzweifel (vielleicht ein Life Hack, einfach alle Spiegel anhängen.. Nee Quatsch – sich selbst annehmen zu lernen ist immer noch der beste Life Hack).
Ich legte also den Kimono ab und alle verhielten sich ganz normal. Keiner sah mich komisch an oder runzelte die Stirn. Puh, das wäre schon mal geschafft! Und dann ging es los: „Hier setz dich mal auf das Sofa, zieh dieses Hemd an, halte die Haare so…“
Ich stellte fest, dass es mir am schwersten fiel, „natürlich“ zu gucken, denn anscheinend steckt in mir eher ein kleines PinUp-Girl, das angeknipst und mit allen Zähnen strahlen kann denn eine geheimnisvolle, verrucht-sexy dreinblickende Schönheit.
So langsam taute ich auf und es begann, Spaß zu machen. Irgendjemand kam auf die Idee, Musik anzumachen und ich hüpfte ein wenig herum, was mir dabei half, locker zu werden.
Weshalb meine Fotos im Großen keinen Unterschied machen, aber im Kleinen schon
Bei dem Shooting beobachtete ich mich selbst und stellte fest, dass ich trotz besseren Wissens, trotz feministischem Anspruch alles tat, um konventionell schön auf den Fotos auszusehen. Ich drückte meinen Rücken durch, schob meinen Arsch raus, streckte mich in die Länge. Ich stellte das fest und tat es trotzdem und finde mich dabei okay, denn schließlich bin ich eine Frau, die innerhalb dieses patriarchalen und mysognynen Systems aufgewachsen ist und sich somit nicht davon freisprechen kann, davon beeinflusst zu sein. Für mich war es eine ausreichend große Herausforderung, mich in Unterwäsche fotografieren zu lassen. Mich ungeschminkt und ungepost fotografieren zu lassen, wäre natürlich noch krasser im Sinne von aktivistischer gewesen (aber war ja auch gar nicht gewollt). Womit wir zu dem Dilemma solcher Unterwäschefotos kommen. Mir ist bewusst, dass man mit Fotos von meinem Körper (weiß, able-bodied, nicht mehr-, aber auch nicht niedrig-gewichtig, relativ jung,…) keine „echte“ Veränderung in dem Sinne erreichen kann, dass tatsächlich eine andere Perspektive gezeigt wird. Das was ich getan hab, bewegt sich immer noch im Bereich dessen, was gesellschaftlich total okay geht – Eine halbnackte Frau mit einem wunderschön geschminkten Gesicht, eingedrehten Haaren und glatter Haut. Trotzdem war es für mich und für viele andere Frauen, die sich mit mir identifizieren können, etwas Besonderes und Mutmachendes.
Und dann kam diese wunderschöne Frau rein…
Nachdem meine Fotos fertig waren, kam meine Shootingpartnerin Franzi rein und ich war, so kitschig das klingt, direkt geblendet von ihrer Schönheit. Sie ist nicht nur groß und schlank wie ein „richtiges“ Model, sondern war auch noch braun gebrannt und hatte wunderschöne Haut und Zähne. Noch dazu hat sie es geschafft, zu posen und dabei GUT auszusehen und nicht wie ich, die nach jedem gewollten sexy Blick ins Kichern ausbrach. 😉 Ich spürte, wie mich ihre Anwesenheit einschüchterte und das Gefühl in mir aufstieg, total unattraktiv neben ihr zu sein. Zum ersten Mal an diesem Tag spürte ich einen Stich bei dem Gedanken, als das „weniger schöne Model“ gebucht worden zu sein (was natürlich Quatsch ist). Der altbekannte Vergleich, hello, not nice to see you!
Meine Entscheidung und Macht liegt darin, was ich mit solchen Gedanken mache und ich entschied mich, genau entgegengesetzt zu handeln, nämlich mich ihr nicht zu verschließen, sondern ihr offen zu begegnen. Aus meinen Workshops weiß ich schließlich, dass nahezu jede Frau schon mal Probleme mit sich hatte, egal wie wunderschön sie ist, die Chancen, dass wir uns viel ähnlicher waren, als es auf den ersten Blick schien, standen also gut (und wenn sie die selbstzufriedenste Frau der Welt wäre – ey das feiere ich erst Recht, schließlich wünsch ich mir das für alle Frauen). Franzi stellte sich als unglaublich nette, total entspannte, coole Frau heraus. <3 Sie nahm mich später im Auto mit nach Hause und wir hatten ein richtig tolles Gespräch, in dem sie mir auch erzählte, dass sie nur noch für ausgewählte faire Marken modelte, weil ihr das Business mit dem Druck, schön und schlank zu sein, zu viel Stress gemacht hatte.
Nachdem wir im Studio fertig waren, fuhren wir noch auf ein Feld bei Kornwestheim und machten weitere Fotos unter freiem Himmel.
Weshalb mir dieses Shooting so viel bedeutet hat
Wer mir schon eine Weile folgt, weiß um meine jahrelange Diätgeschichte und meine Suche nach mehr Körperakzeptanz. Ich habe in meinem Leben schon über 30 Kilo zu- und wieder abgenommen und grade als Teenager sehr viel Ablehnung bis zu Mobbing für mein Aussehen erlebt. Mein Körper hat Dehnungsstreifen und zu viel Haut an einigen Stellen und während es mir inzwischen leicht fällt, darüber zu sprechen, spüre ich immer noch den alten Schmerz in mir sitzen, der mich jahrelang begleitet hat. Nur tut er nicht mehr weh, sondern ist ein Teil von mir geworden, der eben da ist und zu mir gehört. Dieses Shooting war für mich ein weiterer Schritt auf meinem Weg zu mehr Freiheit in meinem Körper und genau deshalb bedeutet es mir so viel. Denn das hatte ich so lange nicht: Das Gefühl, gut zu sein, genau wie ich bin und mich frei und unbeschwert bewegen zu dürfen. Das dieser Körper, wegen dem ich so lange gelitten habe, jetzt der Grund dafür ist, so ein Shooting zu machen… Das macht mich so glücklich. Und noch glücklicher macht es mich, wenn ich anderen Frauen dadurch Mut machen kann.
Und danach?
Nach insgesamt 5 Stunden waren wir mit allen Fotos und Outfits fertig und Franzi nahm mich mit zurück nach Hause. Gemeinsam fuhren wir durch die Dunkelheit und den beginnenden Regen Richtung Karlsruhe und ich fühlte mich erleichtert, den Tag so erfolgreich hinter mich gebracht zu haben. Vor allem aber fühlte ich mich stolz. Darauf, mutig diese Entscheidung getroffen zu haben und trotz meiner Nervosität morgens nicht einfach abgesagt und im Bett geblieben, sondern mich auf den Weg gemacht zu haben. Denn meine innere Stimme hatte mir gesagt, dass das das Richtige ist und das, was ich tun soll, nur die Angst hatte sich mal wieder aufgespielt. Aber inzwischen weiß ich, dass die manchmal dazugehört. Und das ist okay.
Und jetzt wollt ihr sicher noch ein paar Fotos sehen…
Here we go:
Und falls du das jetzt liest und denkst, „Wow, so viel Mut hätte ich auch gerne..“ – auch ich hab einen laaangen Weg hinter mir, mich selbst so anzunehmen wie ich bin und kann deine Gedanken absolut nachvollziehen. Falls du dir Unterstützung auf dem Weg hin zu mehr Körperakzeptanz wünschst oder Lust auf Austausch in einer intimen Frauenrunde hast, schau dir meine Workshop-Termine und Coachings an.
Alles Liebe, Noemi ♥
Fotoshooting-Beteiligte
Sinnliche, fair produzierte und umweltfreundliche Unterwäsche von Coco Malou – Danke für diese Erfahrung, Corinna!
Haare und Make-Up: Judith Eschstruth Eschtruth.beauty
Fotograf: Kai Dietrich Zeitlos.Photography
Set Styling und Planung: Rebecca Worbs Kiwi Visions
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