Die Fastenzeit beginnt jedes Jahr an Aschermittwoch und dauert etwa 40 Tage bis Ostern. Jedes Jahr nehme ich mir etwas vor, worauf ich verzichte, auch wenn ich nichts mit dem Christentum am Hut habe. Also warum eigentlich? Ich brauche kein „Detox“ nach Fasching, da ich nicht besonders wild Fasching feiere. Ich bin nicht religiös, meine Mutter ist mit mir aus der Kirche ausgetreten, als ich noch ein Baby war. Trotzdem bin ich ein spiritueller Mensch und der Gedanke, dass überall auf der Welt andere Menschen ebenfalls auf etwas verzichten, fasziniert mich. Ich bilde mir ein, das als kollektives spirituelles Bewusstsein zu spüren und irgendwann hatte ich den Drang, mich anzuschließen.
Seitdem verzichte ich jedes Jahr 40 Tage lang auf etwas. Angefangen hatte ich mit Alkohol. Alkohol fasten ist im Alltag leicht, aber zu „besonderen Anlässen“ tatsächlich eine Herausforderung. Gar nicht so sehr, weil es mir schwer fällt zu verzichten, aber wegen der anderen Menschen, die nicht mit deinem Verzicht umgehen können. Am Wochenende oder abends in der Kneipe nichts trinken? Für manche Menschen undenkbar und geradezu eine Provokation. Ich erinnere mich, dass ich beim ersten Alkoholfasten abends mit Kollegen in der Kneipe war. Ich war Werkstudentin im Softwarebereich und außer mir waren quasi nur große, trinkfeste Männer da. Mein alkoholfreies Bier bestellte ich mir extra vor der Ankunft der anderen, weil ich keine Lust auf die unvermeidliche Diskussion hatte. Viele Menschen können es nicht gut aushalten, wenn sie trinken und du machst nicht mit. Warum? Wahrscheinlich weil sie gerne möchten, dass du genauso lustig drauf bist wie sie. Weil sie befürchten, dass du ohne Alkohol keinen Spaß haben kannst und langweilig bist. 😉 Nach dem Alkoholfasten hab ich als nächstes auf Zucker verzichtet. Das war schon leichter. Ich kenne mich mit Lebensmitteln gut aus und wusste auch schon vorher, wo überall versteckter Zucker enthalten ist (Diätvergangenheit und ernährungswissenschaftliches Gymnasium sei Dank :P). Außerdem mag ich Chips lieber als Schokolade, also kein soo großes Ding. 😉 Um mich noch weiter zu challengen gab es auch ein Jahr, in dem ich auf beides verzichtete.
Dieses Jahr ist es wieder Alkohol. Und zwar, weil ich die letzten Wochen zwei unschöne Erlebnisse mit schlimmem Kater und leichtem Blackout hatte, die dazu geführt hatten, dass ich mich wieder wie 16 fühlte – und das war nicht gut. :O Gar nicht mal so leicht für mich, das zuzugeben, aber ich möchte hier ehrlich sein. Deshalb erstmal kein Alkohol mehr. Und weil ich die letzten Wochen zu oft abends vor dem Fernseher versackt bin, gibt’s auch kein Netflix und TV mehr.
Es geht mir dabei weniger um den Verzicht an sich, sondern darum, wieder achtsamer zu werden. Aus den Gewohnheiten ausbrechen, die sich allzu oft einschleichen und mal wieder lernen, eingefahrenes Verhalten nicht als selbstverständlich zu sehen. Ich hoffe, statt Fernsehen wieder mehr zu lesen, Sport zu machen oder einfach früher ins Bett zu gehen. Vielleicht auch mehr zu spielen, zu reden und Sex zu haben! 😉
Und wie verträgt sich fasten eigentlich mit dem intuitiven Essen? Gute Frage. Für mich geht das, wenn man es mit der richtigen Intention und nicht aus versteckten Diätgedanken tut. Dazu muss man sich selbst ehrlich reflektieren: Mache ich das, um abzunehmen? Um mich einem Gesundheitstrend anzuschließen? Oder will ich mich selbst und meine Gewohnheiten besser kennenlernen? Das muss meiner Meinung nach Voraussetzung sein, damit man bei „Ausrutschern“ nicht wieder in Selbsthass verfällt, wie man es vielleicht bei Diätausrutschern gewohnt ist.
Es geht wie gesagt darum, größere Achtsamkeit zu etablieren. Statt auf Alkohol oder Süßes zu verzichten geht deshalb auch Fernsehen, Konsumfasten oder etwas anderes, was man sieben Wochen bewusst umsetzt. Die evangelische Kirche (huch ja, jetzt doch eine Kirche) hat dazu seit Jahren immer wieder schöne Aktionen: Bei der Aktion „Sieben Wochen ohne“ (Link) geht es dieses Jahr darum, in der Fastenzeit konsequent zu sich und seiner Meinung zu stehen. Auch ein schöner Gedanke.
Fastest du? Und wenn ja, was? Schreib mir gerne eine Nachricht oder einen Kommentar, ich freue mich! 🙂
Ich bin auch grad mit dem intuitiven Essen zugangen, deshalb kommt in diesem Bereich für mich Fasten nicht in Frage. Die sonstigen üblichen Dinge wie Alkohol oder TV fallen auch weg, da ich das sowieso praktisch gar nicht konsumiere…
Ich habe mir für dieses Jahr vorgenommen, etwas aktiv zu „tun“ statt etwas wegzulassen, und zwar zu meditieren. Und sei es nur für 5 min…ich habe schon öfters damit angefangen und jedesmal sofort gemerkt, dass es mir unheimlich guttut…und dann aber nach kurzer Zeit wieder damit aufgehört, weil ich es einfach vergaß oder keine Lust hatte, etwas „täglich tun zu müssen“…Und nun möchte ich das mit dem täglichen Tun müssen nochmal probieren, und zwar in diesem begrenzten Rahmen der Fastenzeit. Ich bin gespannt, wie ich damit klarkomme… 😉
Hallo Ursula! Finde ich super, dass du dir so bewusst bist, dass Verzicht auf etwas auf deinem Abschnitt des Weges gerade nicht in Frage kommt. 🙂 Super! Und stattdessen meditieren ist ein super Vorsatz. Ich versuche auch jeden Tag zu meditieren und es macht soo einen Unterschied. Auch wenn es nur 5 oder 10 Minuten sind. Ich wünsche dir viel Erfolg!