Seit September bin ich in einer Mastermind-Gruppe* mit anderen Unternehmer*innen. Wir treffen uns online, unterstützen uns gegenseitig und arbeiten gemeinsam auf unsere Ziele hin. Unser Business-Coach Lilli Koisser gibt uns wöchentlich eine Aufgabe, die vor zwei Wochen lautete „Bewerbe dein Angebot in den sozialen Medien“.
Dass ich erstmal meinen Kalender einrichten musste, um meine Termine automatisiert zu vergeben, kam mir gerade Recht, so hatte ich etwas mehr Zeit. Ich setzte mich dran und es ging schneller als gedacht – mein Kalender war fertig und damit das einzige Hindernis aus der Welt geschafft. Und jetzt? Ich WOLLTE mein Coaching bewerben. Das wollte ich, um wieder neue Klientinnen unterstützen zu können. Und um Geld zu verdienen, damit mein Leben weiterhin bezahlt werden kann. Ich wollte es, ich musste es nur endlich tun. Aber nicht heute. Morgen dann. Morgen, wenn ich fit bin und ein Video dafür drehen kann. Oh, es ist morgen und ich hab schlecht geschlafen. Na gut, dann eben morgen. Muss ich es nur schaffen, mal früher ins Bett zu gehen. Oh hups, die Serie ist aber wirklich sehr spannend. Naja, morgen dann.
Und so weiter.
Nach ein paar Tagen, an denen ich die Aufgabe vor mir herschob, wurde ich langsam unzufrieden. Ich verstand zwar noch nicht, weshalb, aber ich begann, mich selbst so richtig blöd zu behandeln. Spät ins Bett. Mal einen Tag nicht duschen. Meditation, Yoga, Musik hören und tanzen, alles fiel aus. Ich griff sogar mal zu Manuels nicht-veganen Süßigkeiten (und hab dabei gelernt: Normale Schokolade schmeckt furchtbar nach vergorener Milch, wenn man sie lange nicht mehr gegessen hat). Einige Tage vergingen und ich fragte mich allmählich, was da los war. Warum fühlte ich mich so elend? Weshalb behandelte ich mich so mies?
Unter der Dusche kam mir eines Abends schließlich die Erkenntnis (gute Ideen unter der Dusche, ein Grund mehr, weshalb man täglich duschen sollte ;)): Ich hatte mich die letzten Monate als Coach klein gemacht. Aus Angst davor, Angriffsfläche zu bieten, hatte ich meinen Job in den sozialen Medien quasi unsichtbar gemacht.
Was meine ich damit? Dazu muss ich kurz ausholen. Seit einiger Zeit ist es in der kritischen, nachhaltigen, politischen Instabubble angesagt, die Coachingszene unter die Lupe zu nehmen und zu kritisieren. Meiner Meinung nach ist das der Backlash, den es zwangsläufig geben musste, nachdem Laura Seiler, Tobias Beck usw. in den letzten Jahren unglaublich erfolgreich geworden sind und die Coaching-Szene zum ersten Mal so etwas wie eine ernstzunehmende Sache wurde. Und ja, auch ich kann vieles an der Szene nicht gutheißen und kritisiere das, wie z. B. fehlende Ausbildungen, Toxic Positivity, White Privilege oder die Tatsache, dass Heldengeschichten immer nach demselben Schema erzählt werden a la „Ich habe mich mit Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt und ab da war mein Leben sooo viel besser“ – Ach komm ey, es ist anstrengend as fuck, wenn man ständig an sich arbeitet und auch dann gibt’s schlechte Tage!
Jetzt kann man sich fragen, weshalb mich das alles tangiert. Wenn ich von meiner Arbeit überzeugt bin, was ich zu 1000% bin, dann könnte mir das doch egal sein, was irgendjemand sagt? Nun, das ist es leider nicht, so gern ich das auch wollte. Unter anderem deshalb, weil ich mich selbst als Teil der kritischen Instabubble sehe und in eben dieser eine Menge Leute ziemlich cool finde. Und von diesen coolen Leuten wollte ich nicht abgewertet, sondern respektiert werden. Ich begann also, jeden Post, jeden Artikel, jede Podcastfolge, jedes Buch zum Thema „Kritik an der Coachingszene“ anzuschauen, um ganz genau zu wissen, was als problematisch galt. Alles dazu aufzusaugen gab mir ein klitzekleines Gefühl von Kontrolle, aber es war auch anstrengend. Atemlos las ich mit und hörte zu, immer auf der Hut davor, ob nicht irgendwas des Genannten auf mich zutreffen könnte. Wenn das (wie immer) nicht der Fall war, atmete ich erleichtert auf und konnte mir versichern „Du bist nicht einer „dieser“ Coaches.“ Ich begann, einen Blogartikel und eine lange Insta-Bildunterschrift zu schreiben, um Stellung zu beziehen und mich zu rechtfertigen – nur um sie dann aus Angst vor den Reaktionen nicht zu veröffentlichen. Es war ähnlich wie auf dem Schulhof früher, wenn man nicht zu der coolen Clique, sondern zu den Außenseitern gehört, aber unter keinen Umständen auffallen und die Aufmerksamkeit auf sich ziehen möchte. Ich kontrollierte mich und war angespannt. Ich versuchte mich gut zu stellen, ich schrieb Angebote, doch mal MEINE Erfahrungen in Podcasts zu berichten (keine*r wollte), aus Angst vor Beobachtung und vor allem: Negativer Bewertung.
Und hier ist auch der Kern des Problems zu finden, das, was mir unter der Dusche klar wurde: Mit meiner Vergangenheit als Mobbingopfer ist es nur verständlich, dass ich mich in diese Rolle begebe, sogar wenn ich rational weiß, dass ich 1. nicht so agiere wie die Coaches, die kritisiert werden und 2. mir diese Personen und ihre Meinung sonstwo vorbeigehen könnten. Weil eigentlich meine potentiellen Klientinnen die sind, für die ich das alles mache, weil ich SIE inspirieren und unterstützen möchte und nicht die politisch aktive Bloggerin, die nie ein Coaching bei mir machen würde, die ich aber einfach sehr mag, weil wir viele gemeinsame Werte teilen.
Und so kam es, dass ich meine Angebote seit Monaten (!) nicht mehr auf Instagram geteilt habe. Das verlegte ich auf meinen Newsletter, meinen kleinen Safe Space, bei dem ich weiß, dass ihn nur Leute lesen, die meine Arbeit wirklich gern mögen. By the way, hier kannst du dich dafür anmelden:
Ich verzichtete darauf, auch nur unter ein einziges Posting zu schreiben, dass man sich bei mir wegen Coaching melden könne, aus Sorge, zu werbemäßig rüber zu kommen. Supergute Testimonials, Geschenke und Postkarten von meinen Klientinnen, mein Alltag mit Online-Coaching, das alles behielt ich für mich und ich hatte dafür auch immer einen vordergründigen Anlass („Mach ich morgen“, ihr erinnert euch). Aber unterm Strich war es dennoch so: Ich behielt meinen Alltag als Coach immer mehr für mich. Wer ein Coaching machen wollte, konnte ja auf meine Website gucken, richtig? FALSCH. Mein Instagram-Account ist dieses Jahr (für meine Verhältnisse ;)) ziemlich gewachsen. Und jede neue Person, die mir folgt, hat erstmal keine Ahnung von meinem Angebot, denn sind wir ehrlich, nicht jede*r schaut sich meine Website an. Ich muss mich mitteilen, End of Story – nicht nur für mich, sondern auch, um als Möglichkeit für diejenigen in Betracht zu kommen, die wirklich von einem Coaching profitieren könnten!
Mit der Erkenntnis kam auch die Wut und der Trotz. Wut auf meine Vergangenheit und dass sie mich trotz allen besseren Wissens immer noch oft beeinflusst. Wut darauf, dass die Kritik an „Coaches“ oft mit der fehlenden Ausbildung beginnt, dann aber zu einem bunten Mix an Argumenten wird, die die Marketingmethoden, die spirituellen Inhalte oder das fehlende Privilegienbewusstsein kritisieren – alles keine Dinge, die ausschließlich bei Coaches zu finden sind. Und Trotz, weil ich denke, „So soll es nicht weitergehen, ich habe genug davon, mich klein zu machen!“.
Zudem kam mir noch eine Erkenntnis: Du kennst vielleicht den Begriff Flugscham, also das schlechte Gewissen, das man hat, wenn man das Flugzeug zum Reisen nimmt, anstatt nachhaltigere Alternativen zu nutzen oder einfach verzichtet. Nun ist es bei Flugscham so, dass sie meist diejenigen Menschen betrifft, die sich sowieso schon einen Kopf um alles machen und viele nachhaltige Entscheidungen treffen. Die sich dann persönlich einschränken, lieber stundenlange Zugfahrten und sehr viel Geld auf sich nehmen anstatt den jährlichen Familienurlaub mit dem Flugzeug zu machen. Der erfolgreiche Banker, der wöchentlich von Zürich nach London jettet, hat eher weniger ein schlechtes Gewissen – mit Geld kann man schließlich fast alles rechtfertigen. Genauso trifft die Kritik an der Coachingszene nicht die großen, erfolgreichen Coaches, die aufgrund ihres „Gewinner-Mindsets“ sowieso alles an sich abprellen lassen. Ein Tony Robbins lacht nur über die „Hater“, die über seine unguten Machenschaften Artikel schreiben.
Aber einem Coach, der sich manchmal zu viel einen Kopf macht, reflektiert ist, dem schadet es, wenn die Bezeichnung „Coach“ immer mehr in Verruf gerät und stigmatisiert wird und das passiert, wenn Menschen Schlagworte wie „Coachingfalle“ lesen. Und anders als die großen Profile ist mein Business keine Geldmaschine, sondern eine Herzensangelegenheit – mehr sogar: Wenn ich keinerlei Werbung mache und keine Klientinnen gewinne, bricht meine aktuelle Lebensgrundlage weg. Und wozu? Um mich mit Leuten gut zu stellen, die selbst teilweise als Influencer arbeiten und eigentlich wissen müssten, wie es ist, wenn der Beruf pauschal kritisiert wird? Nee. Das will ich nicht mehr.
Ab jetzt werde ich mich nicht mehr klein machen. Das wird schwer und eine Lernkurve und zu Beginn wird es mir unangenehm sein, aber ich will das.
Ich werde mehr über meinen Job reden, ich werde mal einen Hinweis auf Coachings unter meine Bilder schreiben und die Texte werden nicht weniger vom Herzen kommen. Ich werde nach und nach lernen, noch mehr die Einstellung „I don’t give a f*ck!“ zu entwickeln und mich auf das konzentrieren, was ich kann und wozu ich das alles mache: Um die Frauen zu unterstützen, die sich mehr Selbstbewusstsein und Unbeschwertheit rund um ihren Körper, ihr Ess- und Bewegungsverhalten wünschen oder generell alle ihre Seiten annehmen und zu sich stehen möchten. Denn das kann ich am besten – und jetzt bin ich dafür wieder mein eigenes, überzeugendes Testimonial.
Und wenn du jetzt neugierig darauf geworden bist und gerne wissen möchtest, ob ich dir mit einem Coaching oder einer Coaching-Serie weiterhelfen kann, dann darfst du dich sehr gerne zu einem unverbindlichen Gespräch in meinem Kalender eintragen – ich würde mich riesig freuen, mit dir zu quatschen – ganz ehrlich und von Herzen.
PS: Die nächste Runde von Lillis Mastermindgruppe startet im Januar 2020 – Wenn du auch Lust auf Unterstützung einer tollen Business-Coach und einer super Gruppe Gleichgesinnter hast, melde dich gerne über diesen Link an.*
(Affiliate-Link= Ich bekomme dann einen Anteil als Provision. Trotzdem ist das eine aufrichtige Empfehlung! :))
Vielen Dank für Deine Ehrlichkeit! Eine liebe Freundin hat mir Deinen Beitrag empfohlen, weil ich gerade auch sehr am Strugglen mit mir und meinem Business bin. Ich kann Deine Gedanken, das Vergleichen und sich klein machen so gut nachvollziehen. Und ich bin absolut sicher, dass Dich genau diese Empathie zu einem Super-Coach machen, zu einer guten Zuhörerin und Begleiterin. Denn das ist es, was ein Coach braucht und um das machen zu können, dürfen wir bei uns selbst anfangen.
Ich werde Dir dann demnächst mal bei Instagram folgen ✌ und freue mich auf Deine Captions
Hey Many, oh ich freue mich riesig über dein Feedback! Es tut so gut, nicht alleine damit zu sein. 🙂 Und ja, du hast recht, es ist tatsächlich meine Empathie, die mich zu einem tollen Coach macht – und dich bestimmt auch! Ich suche dich gleich mal bei Instagram, freue mich darauf, wenn wir uns connecten.